Eine Lungenembolie präklinisch zu erkennen kann manchmal schwierig sein. Die Klinik der Patient:innen ist häufig wegweisend, aber nicht immer eindeutig. Wells-Score und PERC-Rule können helfen, die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer LAE zu ermitteln. In geübten Händen ist POCUS vermutlich die genaueste präklinische Diagnostik (RV-Dilatation, D-Sign, Beinvenendoppler), wenn ein Gerät auf dem NEF vorgehalten wird. Sonst bleibt noch das 12-Kanal-EKG. Was kann es für Veränderungen geben? Wie spezifisch und sensitiv sind diese?

Am bekanntesten ist vielleicht die Aussage SIQIII = LAE?:

Genauer gesagt geht es um die sog. SIQIIITIII – Konfiguration. Diese ist gekennzeichnet durch: 

  • Tiefe S-Zacke in Ableitung I 
  • Q-Zacke in Ableitung III 
  • Invertierte T-Welle in Ableitung III 

Bsp.: ECG Case 007 • LITFL • ECG Top 100 Self-Assessment Quiz 

Zur Datenlage: Nur 15 – 25 % der Pat. mit akuter LAE haben eine SIQIIITIII – Konfiguration. Also doch kein so gutes Zeichen für das vorliegen einer LAE?! 

Zeichen von Rechtsherzbelastung („right ventricular strain pattern“)

Zeigt sich durch invertierte T-Wellen rechtspräkordial und evtl. in den inferioren Ableitungen. 

Bsp.: ECGH-RVH-Right-ventricular-hypertropy-RV-Strain.jpg (1200×557) (litfl.com) 

Dieses EKG-Bild ist v.a. assoziiert mit hohen pulmonalarteriellen Drücken. 

–> jedoch nur in ca. 34 %  aller LAE auftretend.

Nachfolgend noch einige EKG-Veränderung und jeweils die prozentuale Häufigkeit bei LAE:

Rechtsschenkelblock: 18 %  

Right Bundle Branch Block (RBBB) • LITFL • ECG Library Diagnosis 

Rechtstyp: 16 %  

Right Axis Deviation (RAD) • LITFL • ECG Library Diagnosis 

P-Pulmonale: 9% 

 Right Atrial Enlargement • LITFL Medical Blog • ECG Library Basics

Die häufigste Auffälligkeit dürfte mit 44 % die Sinustachykardie sein.

Die vorangegangene Zahlen stammen von einem Artikel von litfl.com sowie einer Übersichtsarbeit/ Case-Report (beides gleich nach diesem Absatz verlinkt. Der Originalartikel ist definitiv lesenswert!

Quellen:

ECG changes in Pulmonary Embolism • LITFL • ECG Library 

Electrocardiographic manifestations of pulmonary embolism – PubMed (nih.gov)

Hier noch einige andere Studien zu diesem Thema:

In einer Studie um Ivan Co, Wesley Eilbert und Terry Chiganos von 2017 wurden vorbefundliche EKGs mit den EKGs nach Aufnahme mit der Diagnose Lungenembolie auf Unterschiede untersucht. Untersucht wurden 352 Fälle retrospektiv. Die häufigste Änderung war die T-Wellen Inversion in den inferioren Ableitungen (34,4 %). Am zweithäufigsten war eine Abflachung der T-Wellen, ebenfalls am häufigsten in den inferioren Ableitungen. In nur 27,3 % trat eine Sinustachykardie auf. In 24,1 % der Fälle trat überhaupt keine Veränderung auf.  

Eine ältere Studie von 1997 um E. Ferrari, A. Imbert, T. Chevalier, A. Mihoubi, P. Morand, M. Baudouy untersuchte ebenfalls die EKGs von 80 Patient:innen die mit LAE aufgenommen wurden. Auch hier war eine Inversion der T-Wellen am häufigsten, allerdings in den präkordialen Ableitungen. Von den Patient:innen, die eine T-Wellen-Inversion hatten, hatten 81 % einen hohen pulmonalarteriellen Druck. Die Schlussfolgerung der Autoren war, dass die anteriore T-Wellen-Inversion die häufigste Veränderung bei massiver LAE ist.

2007 haben Masami Kosuge et al. EKGs von Patient:innen mit ACS und LAE auf T-Wellen-Veränderungen untersucht. Hierbei kamen bei LAE vor allem negative (invertierte) T-Wellen in den Ableitungen II, III, aVF, V1 und V2 vor. Nur 1% der Patient:innen mit ACS hatten invertierte T-Wellen in Ableitung III oder V1.

Abschließend: 

  • Je massiver die LAE, desto häufiger Auffälligkeiten im EKG 
  • Bei entsprechender Klinik und neu aufgetretenen Veränderungen im EKG (z.B. SIQIIITIII oder P-Pulmonale) kann sich der Verdacht auf eine LAE verhärten 
  • Treten Zeichen von Rechtsherzbelastung im EKG auf, ist die LAE vermutlich fulminanter und es kann ein erhöhter pulmonalarterieller Druck vorliegen. Dies dürfte aber auch an der Klinik der Patient:innen und den Vitalparametern auszumachen sein.

FOAMed rund um LAE:

Litfl.com: 

Pulmonary Embolism • LITFL • CCC Respiratory 

Nerdfallmedizin: 

Infografik Lungenembolie – Nerdfallmedizin.de 

(805) Lungenembolie – Erkennen und Diagnostizieren! (LAE Video Teil 1/2) – YouTube 

(805) Lungenembolie – Therapie, Reanimation und Sonderfälle (LAE Video Teil 2/2) – YouTube 

Pin-Up-Docs (Innere Werte): 

Innere Werte – Mai 2022 – Risikostratifizierung bei V.a. Lungenembolie – pin-up-docs – don’t panic 

Ninja Nerd Lectures:

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